Es gibt Hoffnung.

Wir haben eigentlich ein ganz normales und schönes Leben geführt. Mein vorheriger Partner hatte sich 2018 von mir getrennt und ich hatte dann 2019 meinen jetzigen Partner kennengelernt. Im Februar 2020 sind wir zusammen gezogen. Wir hatten uns viel vorgenommen und schauten positiv in die Zukunft.

Mein Lebenspartner arbeitete bei einem Sicherheitsdienst. Eines Tages- es war ein Donnerstag- rief er mich von der Arbeit aus an und sagte, dass es ihm gar nicht gut gehen würde. Wir verabredeten uns für ein weiteres Telefonat am Nachmittag. Als mein Mann sich nicht zum abgesprochenen Zeitpunkt meldete, versuchte ich ihn anzurufen.

Ich hatte direkt den Arzt der Klinik am Telefon in die mein Mann zwischenzeitlich gebracht worden war. Mein Mann war auf der Arbeit zusammengebrochen. Mir wurde gesagt, dass seine Zuckerwerte sehr schlecht wären und man ihn in ein künstliches Koma versetzt hatte. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er bereits seit längerem eine leichte Form der Diabetes hatte.

Zu diesem Zeitpunkt war Deutschland im 1. Lockdown. Ich durfte meinen Mann somit nur kurz sehen und auch im weiteren Verlauf war ich auf die Auskünfte des Pflegepersonals angewiesen. Gott sei Dank waren alle sehr freundlich und unterstützend.

Als sie ihn am kommenden Tag aus dem Koma zurückholen wollten, wurde sofort klar, dass irgendetwas nicht stimmt. Der Blutdruck war viel zu hoch und eine Ader in der linken Kopfhälfte war verstopft. Es musste direkt eine Notoperation gemacht werden. Im Anschluss daran lag mein Mann weitere 2 Wochen im künstlichen Koma.

Für mich begann eine Zeit des Hoffens und Bangens. Ich durfte meinen Mann nicht besuchen und niemand wusste, in welchem Zustand er sein würde, wenn man ihn aus dem Koma zurückholen würde.

Da war es eine wahnsinnig große Hilfe, als mir von einem Bekannten empfohlen wurde, Kontakt mit Frau Hornig von der Deutschen Schlaganfallhilfe aufzunehmen. Sie hatte selbst mehrere Schlaganfälle und leitet eine entsprechende Selbsthilfegruppe für Betroffene und Angehörige. Durch Corona konnten leider keine Gruppentreffen stattfinden, aber wir telefonierten regelmäßig. Sie baute mich auf, gab mir Tipps, stellte den Kontakt zu einem Neurologen her und das Wichtigste: Ich merkte durch den Austausch, dass ich nicht allein bin und viele Schlaganfall-Betroffene den Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben geschafft haben. Es gibt also Hoffnung.

Als mein Mann aus dem Koma zurückgeholt wurde, merkten wir Gott sei Dank recht schnell, dass er geistig kaum eingeschränkt ist. Ich hatte also meinen Partner zurück. Aber körperlich gab es sehr viele Einschränkungen. Vor allem durch die Lähmung der linken Körperhälfte. Von Mai bis September ging es dann zur Reha.

Als mein Mann nach der Reha zurückkam, hatte ich das Haus entsprechend eingerichtet und einen Treppenlift gekauft. Ich wollte es versuchen. Auf keinen Fall sollte er in ein Pflegeheim. Es sollte ihm so gehen, wie ich es mir auch für mich selbst wünschen würde.
Mittlerweile haben wir durch viel Kraftanstrengung in Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst und den Therapeuten schon ganz viel geschafft.
Er kann mit Hilfe laufen, ist im Kopf völlig klar und kann sprechen.

Es wird noch ein langer Weg, aber ich bin stolz auf alles, was wir schon geschafft haben und schaue zuversichtlich in die Zukunft. Sobald die Corona-Beschränkungen aufgehoben werden, freuen wir uns auf regelmäßige Selbsthilfegruppentreffen sowie gemeinsame Ausflüge mit der Gruppe. Der Austausch mit Gleichgesinnten ist unheimlich wertvoll.

Ines Witschaß
Mitglied der Selbsthilfegruppe Schlaganfall-Betroffene
und Angehörige bei REKOSI Lauchhammer

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